Ausnahmen vom Widerrufsrecht

Grundsätzlich steht sämtlichen Verbrauchern das in Details immer mal wieder veränderte Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen zu. Das Widerrufsrecht gilt allerdings entgegen der Ansicht vieler Verbraucher nicht für sämtliche Waren.

Für welche Waren besteht kein Widerrufsrecht?

Hierzu findet sich eine umfassende Regelung der Ausnahmen vom Widerrufsrecht in § 312d Abs. 4 BGB.

Aufgrund dieser Regelung besteht bei einigen Artikeln kein Widerrufsrecht. So ist das Widerrufsrecht z.B. bei Verträgen über die Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder von Software ausgeschlossen, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind.

Neben dieser exemplarisch aufgezeigten Regelung finden sich allerdings auch immer wieder Artikel, bei denen die Entscheidung über das bestehen eines Widerrufsrechts nicht auf den ersten Blick getroffen werden kann. Insbesondere die Regelung des § 312d Abs. 4 Ziff. 1 BGB wirft einige Fragen auf.

Dort heißt es wörtlich:

Das Widerrufsrecht besteht, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nicht bei Fernabsatzverträgen

1. zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifiktionen angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde …….

So hat beispielsweise das OLG Celle in seiner Entscheidung vom 04.12.2012, Az.: 2 U 154/12 klargestellt, dass lebende Bäume nicht als verderbliche Ware im Sinne des § 312d Abs. 4 Ziff. 1 BGB zu qualifizieren seien. In dem Urteil führt das OLG Celle zum Merkmal der Verderblichkeit folgendes aus:

„Schnell verderben können Waren dann, wenn nach ihrem Transport und ihrer Verweildauer beim Verbraucher ein verhältnismäßig erheblicher Teil ihrer Gesamtlebensdauer abgelaufen wäre, wie das etwa häufig bei Lebensmitteln und regelmäßig bei Schnittblumen der Fall sein dürfte. Entscheidend für die Verderblichkeit ist also, dass es sich um Waren handelt, die sich in absehbarer Zeit nach der Versendung aufgrund eines unumkehrbaren natürlichen Vorgangs so verschlechtern, dass ein bestimmungsgemäßer Gebrauch nicht mehr möglich ist bzw. das Haltbarkeitsdatum verstrichen ist. In der Literatur wird der Zeitraum bis zum Verderb der Waren mit ca. 6 Wochen diskutiert.“

Da die Gesamtlebensdauer von Bäumen allerdings deutlich über den genannten sechs Wochen liegt, weil diese gerade zum Einpflanzen und Gedeihen über viele Jahre gekauft werden, handelt es sich nach der Ansicht des Gerichts nicht um schnell verderbliche Waren, so dass ein Widerrufsrecht besteht. Hierbei soll es auch unerheblich sein, dass die nicht eingepflanzten Bäume bei nicht sachgemäßer Lagerung nicht für sechs Wochen haltbar sind.

Ebenso wurde durch das Landgericht Potsdam ein Cognac des Jahrgangs 1919 nicht als schnellverderbliche Ware eingestuft. In seinem Urteil vom 27.10.2010, Az.: 13 S 33/10, führt das Gericht aus, dass sich bereits aus dem Alter des Cognacs im Wege des Anscheinsbeweises ergebe, dass dieser nicht als leicht verderblich einzustufen sei.

Hinsichtlich der Verderblichkeit der Ware darf daher nicht einzig auf die Art des Artikels geschaut werden, sondern es ist im Einzelfall zu hinterfragen, ob eine Ware sich in absehbarer Zeit nach der Versendung aufgrund eines unumkehrbaren natürlichen Vorgangs so verschlechtern wird, dass ein bestimmungsgemäßer Gebrauch nicht mehr möglich ist bzw. das Haltbarkeitsdatum verstrichen ist.

Ähnliche Probleme ergeben sich bei der Frage, wann eine Ware nach Kundenspezifiktionen angefertigt worden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten ist.

So hat beispielsweise der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2003 entschieden, dass Kunden eines selbst konfigurierten Computers nicht ohne Weiteres von dem bestehenden Widerrufsrecht ausgeschlossen werden dürfen. Diesbezüglich wurde in der Entscheidung vom 19.03.2003, Az.: VIII ZR 295/01, klargestellt, dass ein aus Standardkomponenten zusammengefügter Computer nicht unter den Ausschluss des Widerrufsrechts falle. Diese Einschätzung begründete der Bundesgerichtshof maßgeblich damit, dass bei Standardkomponenten sich die Ware ohne Einbuße an Substanz und Funktionsfähigkeit ihrer Bestandteile mit verhältnismäßig geringem Aufwand wieder in den Zustand vor der Anfertigung versetzen lasse.

Daher lässt sich zusammenfassend feststellen, dass auch die Ausschlüsse vom Widerrufsrecht in dem jeweiligen Einzelfall genau geprüft werden müssen, bevor eine Zurückweisung des Widerrufs durch den jeweiligen Händler geschieht.